Weiblichkeit
Es gibt so viele Arten von Weiblichkeit wie es Frauen gibt
Wenn ich an meine Zeit als Jugendliche denke, wird sofort die Erinnerung daran wach, wie ich mich damals gefühlt und verhalten habe.
Nach außen burschikos und frech, meist lachend, freundlich und vertrauensvoll mit allen Menschen. Innerlich dagegen war ich oft verunsichert, und all die emotionalen und körperlichen Zustände in mir selbst und um mich herum überforderten mich enorm. Da ich mit klassischer Musik aufwuchs, konnte ich in diesem Bereich „allen großen Emotionen“ in die Tiefe folgen, aber mit meinen eigenen Empfindungen war ich wenig vertraut.
Mit den Jahren eignete ich mir unbewusst einen sachlichen Umgang mit all meinen inneren „Wallungen“ an, so kamen sie weniger an die Oberfläche, und ich spürte sie glücklicherweise weit entfernt und wie gedämpft. Weiblich empfand ich mich zu keiner Zeit, und ein bewusster oder entspannter Umgang mit meinem Körper war mir fremd. Ich fühlte mich wohl im Sport, und sowohl später in der Tanzausbildung als auch in jeglicher Form von künstlerischem Ausdruck genoss ich meine Körperkraft und die spezielle Eigenwahrnehmung, die dadurch entstand. Meist fühlte ich mich eher auf einer Herzens- und Geistebene in mir zu Hause. Mit dem Begriff „verwurzelt im eigenen Körper und in meiner Weiblichkeit“ oder „geerdet“ zu sein, konnte ich nicht viel anfangen und bekam ständig zu hören, dass ich DAS auf keinen Fall sei.
Meinem Bild von Weiblichkeit, das ich damals hatte, konnte ich eh niemals entsprechen, und so war ich mir ganz sicher: Weiblichkeit ist einfach nichts für mich.
Aber das Leben schenkt uns unverhofft lauter Überraschungen 😊
Vor ca. 12 Jahren besuchte ich zum ersten Mal ein Frauen-Seminar. Ich wurde spontan gebeten, als Unterstützung dabei zu sein, für die Leiterin und die Teilnehmerinnen. Ich sagte zu, war aber vollkommen davon überzeugt, dass das nur ein Gefallen war und mit mir nichts zu tun haben würde. Weit gefehlt. Im Seminar ging es u. a. um die Bedeutung von Weiblichkeit, was weibliche Wurzeln sind, und dass wir alle auf der gleichen Entdeckungsreise zu unserer individuellen weiblichen Ausdrucksweise sind. Schon der erste Tag ließ mich staunen, und ich begriff, dass ich bisher hauptsächlich meine männlichen Aspekte gelebt und entwickelt hatte und viele weibliche Anteile vollkommen verschüttet waren. Es gab unendlich berührende Momente im Zusammensein mit den Frauen, und am Schluss fühlte ich mich reich beschenkt und sah sehr deutlich, was mir mein ganzes Leben zuvor gefehlt hatte: Schwesternschaft, tiefes Verständnis, Vertrauen, Offenheit, Getragensein, achtsame Berührung und wertschätzender Kontakt mit anderen Frauen.
Mein Bild, was Weiblichkeit zu sein hat, löste sich immer mehr auf, und heute weiß ich mit absoluter Sicherheit: Es gibt so viele Arten von Weiblichkeit, wie es Frauen gibt!
Erst diese Erkenntnis hat mich ermutigt, mich ganz auf meine eigene Entdeckungsreise einzulassen.
Im alltäglichen Bewusstsein geht diese innere Ausrichtung und Klarheit oft verloren. Mich wiederzufinden, meine Klarheit und die stabilisierende Verbindung zur Erde gelingt mir, indem ich ein paar Stunden in die Natur oder in meinen Garten, an den See oder zu den Pferden gehe. Oder ich telefoniere mit einer Seelenschwester und tauche dabei tief in mich hinein. Dort lasse ich mich verzaubern von meinem inneren Frieden, der innigen Nähe und dem reinen Miteinander Sein. Inzwischen weiß ich, dass Gemeinschaft etwas völlig anderes bedeutet, als einfach nur miteinander zu sprechen oder räumlich nebeneinander zu stehen. Gemeinschaft ist eine Art lebendiges Netz aus gemeinsam gewobenen Verbindungsfäden, mit denen jeder seine ureigene Erfahrung, Essenz und Liebe in diesen gemeinsamen Raum hineinschenkt, ohne etwas zu verstecken, zurückzuhalten oder zu neiden. Mit diesem buntgewebten Energie-Gemeinschaftsgebilde tragen wir uns gegenseitig und alle gemeinsam durch jede Erfahrung hindurch, und sollte jemand in der Gemeinschaft gerade fallen, dann fängt ihn dieses Gebilde ganz leicht auf.


